Dollingersaal

Heute hier, morgen dort....

In der letzten Ausgabe des Adressbuches haben wir das Saalmanagement und seinen Aufgabenbereich vorgestellt. Dabei wurden auch die zur Disposition stehenden Räumlichkeiten und Häuser kurz präsentiert.

Wir haben uns vorgenommen, die einzelnen Veranstaltungsräume innerhalb der nächsten Ausgaben detailliert zu beschreiben und einen Einblick in die Historie der Objekte zu geben. Beginnen wollen wir heute mit dem Dollingersaal.

Dollingersaal

"Heute hier, morgen dort; bin kaum da, muss ich fort...". Nun, ganz so schlimm ist es dem Dollingersaal in seiner langen Geschichte nicht ergangen. Die Anfangszeile aus einem deutschen Lied lässt aber schon erahnen, dass sich der Saal nicht immer da befunden hat, wo er heute anzutreffen ist, nämlich im Untergeschoss des Alten Rathauses, aber dazu später mehr.

Der Raumkomplex besteht eigentlich aus zwei separaten Sälen, dem eigentlichen Dollingersaal zum einen und dem Festsaal zum anderen. Für Veranstaltungen wird in erster Linie der Festsaal mit seinen rund 130 m2 genutzt. In ihm finden bis zu 100 Personen Platz. Der Dollingersaal ist sehr beliebt für Hochzeitsfeiern, eignet sich aber auch hervorragend für Vorträge und klassische Konzerte. Bewirtet wird er vom Ratskeller.

Ursprünglich war der Saal im sogenannten Dollingerhaus (heute Rathausplatz 3) zu finden, das zu den prächtigsten Profanbauten Regensburgs zählte. Das Dollingerhaus war ein dreistöckiges Familienhaus mit dem "prächtigen mittelalterlichen Rittersaal - dem seit Jahrhunderten in der Geschichte von Regensburg weitberühmten Dollingersaal". (*1) Seit dem 16. Jahrhundert zählt dieser Saal zu den größten Sehenswürdigkeiten Regensburgs.

Man schätzt, dass der Saal gegen Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts erbaut wurde (um 1280 bis 1320), wahrscheinlich nach dem großen Stadtbrand des Jahres 1272. (*2)

Ehemaliges Dollingerhaus, vor 1889

Ist es schon ein besonderes Glück, dass dieses seltene Zeugnis die ereignisreichen Jahrhunderte schadlos überstanden hatte, so ist es nur der tatkräftigen Unterstützung der Deutschen Altertumsfreunde zu verdanken, dass das äußerst wertvolle Kulturrelikt nicht 1889 gänzlich von der Bildfläche verschwunden ist. In diesem Jahr ließ der Hausbesitzer das Dollingerhaus abreißen und durch einen Neubau ersetzen, wodurch auch der Dollingersaal verschwunden wäre.

Die Deutschen Altertumsfreunde erreichten, dass die bedeutenden Architekturteile ausgebaut und in das damals neu errichtete Erhardihaus an der Kalmünzergasse eingefügt wurden. Von den Stuckreliefs konnten aber lediglich die Köpfe des Kaisers und seines Pferdes sowie die Figur des hl. Oswalds gerettet werden. Glücklicherweise existieren noch Gipsabdrücke der Figuren und der Turnierszene. (*3)

Schon der Historische Verein von Oberpfalz und Regensburg beklagte 1889 den geplanten Abriss des Dollingerhauses durch den neuen Besitzer und ersah es als seine Pflicht, "dieses merkwürdige Haus in seinem früheren Bestande eingehend zu schildern, damit die Kenntnis hiervon auch für die Zukunft erhalten bleibe. (*4)

Zerstörung Erhardihaus, vor 1889

Schalungen

Das Glück des Dollingersaales im alten Erhardihaus war aber auch nur von relativ kurzer Dauer; die Bomben des zweiten Weltkriegs bereiteten ihm ein jähes Ende, als das Haus zerstört wurde, der Dollingersaal jedoch glücklicherweise intakt blieb.

Im Zuge der Altstadtsanierung wurde der Saal dann 1963/65 in das barocke "Neue Rathaus" eingebaut. (*5) Eine abenteuerliche Reise hatte somit ein glückliches Ende nahe des ursprünglichen Standortes gefunden.

Hans Dollinger und sein Kampf

Wenden wir uns nun dem Namensgeber des Dollingersaales und seinem berühmten Kampf, den er "auf der Haid" gegen den heidnischen Ritter Krako gefochten haben soll, zu. (*6) Ob nun der Kampf tatsächlich so stattgefunden hat, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. So wird er von den einen in das Reich der Sage verwiesen, andere wiederum glauben, er "sei ein volkstümlicher Reflex der Hunnenschlacht auf dem Lechfeld am 10.08.955." (*7)

An der Dollingersage mag, so wie das bei allen Überlieferungen, die über Jahrhunderte mündlich weitergegeben wurden, der Fall ist, ein wahrer Kern sein. Daneben spiegeln diese aber auch Verhältnisse und Ereignisse eines gesamten Zeitabschnittes wider. Im Falle der Dollingersage dürfte dies die Angst vor den immer wiederkehrenden Ungarneinfällen gegen Ende des 9. Jahrhunderts gewesen sein. Der heidnische Ritter Krako soll ja - so die Sage - ein Hunne gewesen sein. Im Laufe der Jahrhunderte ist aus dem Hunnen dann allerdings ein Türk geworden. Anlass könnte hier die Türkengefahr des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit gewesen sein. Der Austausch des Ungarn gegen den Türken mag daher verständlich sein. (*8)

Das Geschehen des Kampfes ist rasch erzählt. Krako forderte höhnisch die Regensburger Ritterschaft zum Kampfe heraus. Hans Dollinger, ein Ritter aus altem Geschlecht, nahm sehr zur Erleichterung des anwesenden Kaisers Heinrich, der schon um die Ehre seiner Ritterschaft bangte, die Herausforderung an, betete in Niedermünster am Grabe des hl. Erhard und begab sich zum Turnierplatz. Zweimal stieß Krako den tapferen, aber durch einen bösen Zauber verwirrten Dollinger - er glaubte drei Gegner vor sich zu haben und stach folglich mit seiner Lanze ins Leere - vom Rosse. Dollinger hätte wohl den Kampf verloren, aber Heinrich drückte dem Regensburger Helden ein Kreuz an die Lippen und brach damit den Zauber. Dollinger traf Krako an der Stirn und dieser sank tödlich getroffen vom Pferd.

Ein Chronist aus dem 15. Jahrhundert hat uns den Kampf folgendermaßen überliefert:

"Anno 930 ist ein Kampf zwischen ein Bayerischen Rittersmann, Dollinger genannt, und einem vermessenen Heyden, vmb leib und leben gehalten worden, bey welchem Kampf sich Kayser Hainrich Auceps genannt, versöhnlich gefunden, und hat entlich der Dollinger nach dem zweiten Kampf obgesigen und den Haiden erlegt, dise histori ist gar schön, neben des gantzen Verlaufs beschreibung, in Gipps gemacht, und in Herrn Dr. Johann Diemers seel. Behausung, gegen dem Rathaus über zusehen..." (*9)

Gemälde des Kampfes zwischen Dollinger und Krako

Das Dollingerlied (Überlieferung von 1552)

Es rait ein Türck aus Türckhen Lanndt Er rait gen
Regenspurg in die stat
Da Stechen wardt von Stechen war im wolbekhant.

Da rait er fuer des Kaysers thuer Ist niemant hin der
kumb herfuer Der stechen
Well vmb leib vmb Seel vmb guet vmb Ehr vnnd das
dem TeuffI die Seel wer.

Da warn die Stecher all verschwigen kainer wolt dem
Türckhen nit obligen dem
Laidigen man der so frefflich Stechen khan.

Da sprach der Kayser zornigklig wie steht mein hoff
so lästerlich hab ich khain man
Der Stechen khan vmb leib vmb Seel vmb guet vmb
ehr vnd das vnserm herrn die seel wer.

Da sprang der Dollinger herfuer wol vmb wol vmb ich
mues hinfuer an den lai
digen Man der so frefflich Stechen khan.
Das erste reuten das sie da theten Sie füerten gegen
einander Zway scharffe Speer
Das ain gieng hin das ander gieng her Da stach der
Türck den Dollinger ab das er an
dem rückhen lag.

O Jhesu Christ steh mir ietz bey Steck mir ein Zwey
sind Irer drey Bin ich allain
vnnd fuer mein Seel in das Ewig himelreiche.

Da reit der Kayser zum Dollinger so behendt er füert
ein kreutz in seiner henndt
Er strichs dem Dollinger über sein mundt
der Dollinger sprang auff war frisch vnnd gesundt.

Das ander reiten das sie da theten da stach der
Dollinger denn Türckhen ob Das
er an dem ruckhenn lag.

Du verheuter Teuffl nun Stehe im bey sind irer drey
bin ich allain, Vnnd fuer
sein Seel in die bitter helle Beyn. (*10)

Die Plastiken im Dollingersaal

Wie bereits erwähnt, sind die Plastiken, die man heute im Dollingersaal bestaunen kann, keine Originale, sondern Gipsabgüsse, die im 19. Jahrhundert angefertigt wurden. Als im Jahre 1889 das Dollingerhaus abgerissen wurde, stellte man fest, dass die Figuren nicht von den Wänden zu lösen waren. Man sah sich hier mit einer Fertigungstechnik des Mittelalters konfrontiert.

Die Figuren - sie entstanden wahrscheinlich gleichzeitig mit der Errichtung des Saales um 1280 - wurden seinerzeit nicht gegossen und dann mit den Wänden verbunden, sondern an ihnen modelliert. Dazu trieb man kleine und große Eisenklammern in die Wände und warf dann anschließend die nasse Gipsmasse an die Mauern. Nun formte man freihändig die einzelnen Figuren, die dann praktisch untrennbar mit dem Mauerwerk verbunden waren. (*11) Im Zuge des Abrisses hat man wenigstens Gipsabdrücke gefertigt.

Kampf zwischen Dollinger und Krako

Herausragend ist selbstverständlich die Darstellung des Kampfes zwischen Dollinger und Krako. Festgehalten ist hier der entscheidende Zeitpunkt, als der Regensburger seinen Widersacher mit der Lanze am rechten Ohr trifft und rückwärts vom Streitross wirft. Der Hunne versucht noch, sich mit dem rechten Knie am Hals seines Pferdes festzuhalten. Das Schild mit dem geflügelten Teufel wird ebenfalls nach hinten geschleudert. (*12)

In der Renaissance erhielten die Figur des Kaisers und die Turnierszene Zuschriften in lateinischer Sprache. (*13) Das Kampfbild hatte die folgende Inschrift: "BARBARUS HIC SOLIDIS CERTANT GERMANUS ET ARMIS: GERMANUS VICIT, BARBARUS OCCUBUIT." - "Hier erblickst du den Kampf des Deutschen mit dem Barbaren: Niederstürzt der Barbar, der Deutsche hat ihn besiegt." (*14)

Die zweite Plastik stellt Kaiser Heinrich I. auf seinem Pferd dar; in seiner Linken Hand hält er einen Jagdfalken als Symbol seiner Lieblingsbeschäftigung. Er wurde auch Heinrich "Finkler" oder "Vogler" (= Vogelsteller) genannt. Die Figur des Kaisers erhielt die folgende Unterschrift: "FERTUR EQUO CELERI HIC HENRICUS IN ORDINE PRIMUS; AUCUPIO CELEBER, NEC MINUS IMPERIO." - "Hoch auf flüchtigem Ross erblickst du hier Heinrich den Ersten, wie beim Vogelsang, so auch als Herrscher berühmt."

Kaiser Heinrich I.

In der dritten Figur im Bunde erkennen wir den Hl. König Oswald. Sind die Darstellungen der Turnierszene und des Kaisers im alten Dollingersaal leicht nachvollziehbar, so erscheint der Bezug des Hl. Oswald zur Dollingersage wohl nicht greifbar. Schon bei Andreas Raselius, dem reichsstädtischen Chronisten ist die folgende Äußerung nachzulesen: "Was das dritte grosse stainere bildt mit dem Raben vnnd bedeuten soll, das auch an dißem ortt an der Wand steht, ist mir unbewust." (*15)

Der Hl. Oswald wurde wahrscheinlich der Dollingergruppe als Schutzpatron hinzugefügt. Der englische König wurde seit dem 12. Jahrhundert in Deutschland verehrt. Der Kult um den Heiligen kam vermutlich mit schottischen Mönchen nach Regensburg, wo er sich in den folgenden Jahrhunderten dauerhaft durchsetzt. (*16)

Die Zuschrift für die Statue des Hl. Oswalds lautete: "HAEC STATVA OSWALDVM, SINESCIS SCITO FIGVRAT, QVIREX OFFICIO GENTE BRITANVS ERAT." - "Diese Statue stellt dar den Hl. Oswald, welcher als König dereinst saß auf Britanniens Thron." (*17)

Noch heute spürt der Gast innerhalb der historischen Mauern den Hauch des Mittelalters, auch wenn sich die Art der Veranstaltungen wohl sehr geändert hat. Hans Dollinger ist allgegenwärtig.

Hl. Oswald

Den Abschluss der ersten Saalbeschreibung bilden eine Darstellung der Kapazität des Dollingersaales sowie der Grundriss.

qm Höhe Bestuhlung Bewirtung
parl. U-Form Reihen
Großer Dollingersaal (Festsaal) 130 Gewölbe 50 80 100 Ratskeller
Kleiner Dollingersaal (Festsaal) 80 Gewölbe - - - Ratskeller

Dollingersaal

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Fußnoten

(*1) vgl. Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, Dreiundvierzigster Band der gesamten Verhandlung und fünfunddreißigster Band der neuen Folge, 1889, Seite 244
(*2) vgl. Verhandlungen des Historischen Vereins..., a.a.O. Seite 248
(*3) vgl. Bauer, Regensburg Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte, 1997, Seite 258 f
(*4) vgl. Verhandlungen des Historischen Vereins..., a.a.O. Seite 244
(*5) vgl. Bauer, a.a.O. Seite 259
(*6) vgl. Bauer, a.a.O. Seite 264
(*7) vgl. Verhandlungen des Historischen Vereins..., a.a.O. Seite 257
(*8) vgl. Bauer, a.a.O. Seite 264 f
(*9) vgl. Verhandlungen des Historischen Vereins..., a.a.O. Seite 256
(*10) vgl. Bauer, a.a.O. Seite 264 f
(*11) vgl. Verhandlungen des Historischen Vereins..., a.a.O. Seite 250
(*12) vgl. Bauer, a.a.O. Seite 259
(*13) vgl. Bauer, a.a.O. Seite 259 f
(*14) vgl. Verhandlungen des Historischen Vereins..., a.a.O. Seite 250
(*15) vgl. Göller/Wurster, Das Regensburger Dollingerlied, 1980, Seite 30
(*16) vgl. Göller/Wurster, a.a.O. Seite 30 f
(*17) vgl. Göller/Wurster, a.a.O. Seite 28; Verhandlungen des Historischen Vereins...,a.a.O. Seite 250